Ein Buch gedruckt wie zu Gutenbergs Zeiten – mit handgesetzten Texten und selbst geschnittenen Druckstöcken, auf Andruck- und Kniehebelpressen, mit Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren
Die Idee war, ein gemeinsames künstlerisches Projekt zu starten, was unsere Kurskinder zum Zeichnen und Fabulieren anregt und zugleich die Werkstatt mit ihren Möglichkeiten voll nutzt. Ein Buchprojekt!
So dachten wir uns Katzentypen aus, zeichneten und schnitten sie in Holz, was bei detailreichen Bildern keine leichte Aufgabe ist und den Holzschneider*innen viel Geschicklichkeit und Hartnäckigkeit abverlangt.
Einige wählten den Weißlinien-, andere den Schwarzlinienschnitt und wieder andere kombinierten beides. So waren erste „Charakterlinge“ wie die Schmuse-, Schminke-, Kotz-, Schuppen, Wolken-, Banditen-, Lachkatze u.v.a.m. zum Weihnachtsmarkt 2018 fertig und wurden als Aufdrucke von Stoffbeuteln an begeisterte Katzenfans verkauft.
Die Kinder waren ebenso begeistert, hatten Spaß an den verschiedenen Figuren der 2 Kurse, mittlerweile waren 17 Typen entstanden! Und wie von allein wurden die Katzen und Kater lebendig, sie entwickelten quasi ein Eigenleben, man musste sie nur anschauen, sich in der Gruppe austauschen und das Erdachte zu Papier bringen.
Im Frühjahr 2019 folgte dann die konkrete Arbeit an den Texten, den Formulierungen und Feinheiten des Ausdrucks. Geplant waren eigentlich steckbriefartige Kommentare, einige Kinder erfanden recht umfangreiche Kurzgeschichten, die es nun Buchstabe um Buchstabe zu setzen galt.
Unsere Typografin Marta stand uns nun bei der Auswahl der Schriften zur Seite, gab den Katzenkenner:innen Einführungen in den Handsatz und ließ alle Wünsche wahr werden. Nach Sichtung der Satzschriften, Schriftkästen und Anzahl der einzelnen Buchstaben wurde ziemlich schnell klar, dass wir nicht nur eine Schrift bzw. Schriftfamilie für alle Inhalte nehmen konnten. So änderten wir kurzerhand das Konzept und die Kinder konnten sich passend zu ihrem Bild und ihrer Textlänge eine eigene Schriftart und -größe aussuchen.
Konzentriert arbeitete nun jede:r an seinen eigenen Text, setzte Buchstabe für Buchstabe zu Zeilen und Blöcken zusammen und nicht zu vergessen die Zwischenräume! Diese müssen nämlich auch aufgefüllt werden - mit dem sogenannten Blindmaterial. Außerdem mussten sich die Kinder mit einem neuen Maßsystem auseinandersetzen und zwar mit Punkten, Konkordanzen, eigentlich mit einem völlig neuen Vokabular: im „Winkelhaken“ wurde gesetzt, auf dem „Schiff“ wurden die Zeilen zu Blöcken zusammengefügt, mit der „Kolumnenschnur“ der Block ausgebunden. Erst dann konnten in der Andruckpresse die Texte gedruckt und anschließend Fehler korrigiert werden. Häufig werden die Buchstaben n und u vertauscht, denn beim Setzen der Buchstaben arbeitet man auf dem Kopf. Auch sind die Kleinbuchstaben nicht alphabetisch, sondern nach Häufigkeit der Anwendung in den Setzkästen sortiert, was um einiges schwieriger zu bewältigen ist, als an der gewohnten heimischen Tastatur zu schreiben.
In den Sommerferien 2019 fingen Halina, Marta und ich an, die Texte in verschiedenen Farben an der Korrex zu drucken. Unser Farbkonzept lautete: Wir machen es mal anders herum als üblich: Die Katzentypen drucken wir mit schwarzer Farbe und die Texte in allen erdenklichen Farben, aber passend zum Inhalt.
Das Einrichten der Korrex, also die Abstimmung vom Stand des Satzes (also Buchblocks) bedarf besonderer Aufmerksamkeit und damit auch Zeit und Geduld. Sollten doch alle Texte an denselben Stellen aufhören und beginnen. Leider konnten wir nicht gleichzeitig zwei Blöcke auf der Korrex drucken, da das Druckformat von Typ Stuttgart für unser Projekt zu klein ist. So wurden die Blätter also zweimal bedruckt, was in der Kalkulation der Fehl- und Probedrucke mit einberechnet werden musste. Es konnte also bei Doppelseiten auch doppelt so viel schiefgehen. Aber wir haben es geschafft!
Dann ruhte das Projekt über die Winterzeit, sehr zur Unzufriedenheit der Kinder, denn verständlicher Weise wollten sie endlich ihr gemeinsames Buch in der Hand halten.
Dann kam Chloé als Praktikantin zu uns in die Werkstatt und übernahm im Februar das Drucken aller Holzschnitte an der Kniehebelpresse. Das bedeutete für sie 1000 x einwalzen, Papier anlegen, drucken und ablegen.
Am 23. April sammelten und sortierten wir nun die bisher bedruckten Einzelblätter nach Qualitätskategorien und schichteten sie zu 44 Stapeln.
Jedes Buch hat 23 Seiten, also flossen über 1.000 Seiten an diesem Vormittag durch unsere Hände.
Aber zwei Blätter fehlten noch, der Schmutztitel mit dem Intro sowie das Nachwort mit dem Impressum. Außerdem war noch der Umschlag zu gestalten und zu drucken.
Also setzten wir erneut Texte im Bleisatz, druckten sie Probeweise an der Andruckpresse, tauschten einzelne, abgenutzte Buchstaben aus, vergrößerten oder verkleinerten Abstände zwischen den Zeilen oder den Buchstaben bevor der stimmige Satz endgültig an der Korrex (Typ Stuttgart) in Auflage gedruckt werden konnte.
Parallel dazu bereiteten wir die kleinen Katzentypen-Holzschnitt für die Covergestaltung vor, d.h. Alle Druckstücke wurden probegedruckt, Stellen, die nicht mitdrucken sollten, wurden weggeschnitten, zu schmale oder flache Rillen wurden vertieft. Mit diesen Drucken konnten wir eine Anordnung für die Vorder- und Rückseite festlegen und auch dabei auch den Schriftzug CONNECATS arangieren. Nun suchten wir ein passendes Papier aus den Untiefen unserer Zeichenschränke und fanden, für die Auflage ausreichend, rosafarbenes und blaues Papier. Nun entwarfen wir für jedes Papier eine passende Farbvariante. Der Entwurf mit dem rosafarbenen Papier, den farbigen Katzenköpfen und dem schwarzen Schriftzug bekam die meisten Stimmen.
Weil wir eine japanische Bindung (gefaltetes Papier, an der offenen Seite geheftet) planten, schnitten wir nun an der Pappschere die riesigen Bögen in ca. 100 Einzelblätter. Man braucht immer etwas Zuschuss, falls etwas schief geht.
Aufgrund der Vielfarbigkeit würden wir 4 Druckvorgänge für vorn und 4 für hinten benötigen. Auch hier fingen wir mit dem Schriftzug an, um dann darauf die Farben (hellbrau, umbra und dunkelrosa) jeweils einzeln zu drucken.
Dafür sind jeweils genau gezeichnet Anlagennotwendig. Anlagen sind in unserem Fall eine Pappe mit Markierungen zur Positionierung der einzelnen Druckstöcke sowie der Papieranlage.
Erst dann kann es los gehen und jeder Holzschnitt mit einer kleinen Walze eingefärbt und an der Kniehebelpresse mit Muskelkraft gedruckt werden.
Leitung
Nadine Respondek, Marc Dettmann
Tel. 0341/3080148
grafikdruck@werk-2.de
Halina, Marat & Nadine